Dieser Aphorismus, der Oscar Wilde zugeschrieben wird, plädiert für Vielfalt, denn ihre Voraussetzung ist, dass jede*r den je eigenen Weg finden und gehen kann. Die Befähigung ist letztlich ein wesentliches Element jedes Bildungsanspruches und somit stets allgegenwärtig an Schulen – so sollte es zumindest sein. Dass es an Schulen Anti-Mobbing-Programme gibt, dass Schulen ohne Rassismus gekürt werden oder dass in Schulgemeinden an Projekten wie „Vielfalt gestalten“ gearbeitet wird, zeigt aber eben auch, dass es Mobbing, Rassismus und Aversionen gegen Vielfalt gibt.
Schon das Gendersternchen in der zweiten Zeile bietet Potential für sachliche, auch leidenschaftliche Diskussionen, aber auch für Häme und Verachtung. Knapp 50 Jahre nach Gründung des Gymnasiums Finkenwerder arbeiten Lehrkräfte sowie Schüler:innen in dem Projekt „Vielfalt gestalten“ mit Engagement daran, die Sinne für Vielfalt an unserer Schule und in unserer Gesellschaft zu schärfen. Dabei soll auch den eigenen blinden Flecken auf die Schliche gekommen werden, denn ohne Vorurteil zu sein, ist vermutlich unmöglich. Aber die Reflexion über die Herkunft eigener Denkmuster und über den schnellen Impuls, unseren Mitmenschen in eine Schublade zu stecken, ist ein wichtiger Schritt in einem wichtigen Prozess.
Vielfalt ist da, wo Menschen zusammen kommen. Das gilt automatisch und grundsätzlich und das war 1973, im Jahr der Schulgründung, nicht anders als 2023. Es reicht aber nicht, dass Vielfalt ist. Sie muss auch sichtbar werden …
Vielfalt muss sichtbar sein. Was ich nicht kenne, wo ich nicht hinschaue, das sehe ich auch nicht und verstehe ich auch nicht. Das bleibt mir fremd und fern und löst im schlimmsten Falle Ängste aus – gerade in unseren Zeiten, in denen Menschen immer wieder auch mit diesen agieren.
Vielfalt muss sichtbar sein, damit ich nicht auf Stimmungen hereinfalle, die gegen Menschen gemacht werden, die anders sind als die vermeintliche Mehrheit der Gesellschaft.
Vielfalt muss sichtbar sein, weil Sichtbarkeit überhaupt erst die Grundvoraussetzung für Teilhabe an Schule, Gesellschaft, an Demokratie ist.
Vielfalt muss sichtbar sein, weil wir in unseren Zeiten immer häufiger damit konfrontiert sind, dass unsere Werte wie Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz herausgefordert werden. Das Erstarken von Autokratien und sympathisierenden politischen Strömungen belegen dies gegenwärtig
auf traurige, auf drastische Weise.
Dazu gehört nun aber auch, dass z.B. Menschen mit Migrationsgeschichten, People of Color, Menschen jenseits der Heteronormativität der Raum für Sichtbarkeit auch gegeben wird. Mit diesem Anspruch setzt sich das Gymnasium Finkenwerder auseinander und entwickelt Ideen, um Vielfalt zu gestalten, womit besonders zur Qualität unseres Zusammenlebens und zu unserer Atmosphäre in der Schule beigetragen werden soll – schließlich aber auch, um einen Beitrag zur Qualität des Zusammenlebens in der Gesellschaft und unserer Demokratie zu leisten, in der alle ohne Angst verschieden sein können (Adorno).
Oliver Claußen
Blindenfußball am GymFi mit den Jahrgängen 9 und 10
Für Vielfalt am GymFi – Rollstuhlbasketball mit den Jahrgängen 7 und 8